Büsingen: GFM Rimpler besteht auf Offenlegungspflicht für politisch Tätige hinsichtlich der Mitgliedschaft in Clubs wie Lions Club, Rotary Club, Zonta und andere, sowie die übrigen Geheimgesellschaften (Freimaurerlogen).
Seit achtzehn Jahren ist Siegfried Cornelius Freiherr von Heyl zu Hernsheim, 52, Mitglied im Mainzer Rotary-Club, und dem Wiesbadener Schriftsteller und Clubfreund Rudolf Krämer-Badoni erschien er dort als ein "harmloser, anständiger Vogel". Nun will der Autor den Vogel abschießen.
Auf Betreiben Krämer-Badonis und des Rotary-Vorstands soll der Baron aus dem Club verbannt werden weit er in der NPD ist.
SPIEGEL-Report über deutsche Herren-Clubs *
Das Zeichen glänzt neben den Eingängen gediegener Hotels und an den Türen besserer Restaurants, mal in Bronze, mal in Emaille, ein zierliches Zahnrad auf blauem Grund mit der Gravur "Rotary International". Bestimmt ist es für Gäste, die eine winzige Kopie davon im Knopfloch tragen oder doch dazu berechtigt wären.
Als wesentliches Kriterium für die Zuwahl gilt der berufliche Erfolg des als mögliches Mitglied ausgeguckten Mitbürgers: Durch hinlänglich hohe Einkünfte sollte er aufgefallen sein oder durch überdurchschnittlichen Einfluß - am besten gleich durch beides.
Akademische Titel, feine Manieren und bürgerliche Bildungsinteressen, eine Latte einträglicher oder auch nur ehrenhafter Ämter sind weitere Gesichtspunkte, nach denen Rotarier die bessere Gesellschaft ihrer Heimat observieren, um weitere wöchentliche Mitesser ausfindig zu machen.
Dennoch sei Rotary "kein Club reicher Leute", korrigiert Farbenfabrikant Carl Erwin Leverkus vom Club Heidelberg-Schloß etwa in diese Richtung strebende "irrige Meinungen". Auch "die strenge Selektion" bei Neuaufnahmen habe nichts "mit Exklusivität" zu tun, sondern diene allein "einer rund um den Erdball zündenden Verschwörung der Anständigkeit".
An diesem Komplott teilzunehmen besteht begreiflicherweise großer Andrang. Und so haben sich weitere 20.000 deutsche Männer in 643 Lions-Clubs zusammengetan, einem ebenfalls aus dem amerikanischen Mittelwesten dirigierten Ketten-Verein mit weltweit sogar 1,3 Millionen Mitgliedern.
Im Sommer 1980 ermittelte eine Emnid-Umfrage, daß drei von vier Bundesbürgern sich unter Lions-Clubs überhaupt nichts vorzustellen vermochten - allenfalls ein neues Kreditkarten-System.
Vom Rest der Wissenden allerdings votierte mehr als jeder dritte für die Rubriken "Herrenclub", "Club für Unternehmer, Manager, Geldleute u. ä." und "Eliteclub", "Nobelclub" - eine Einschätzung, so notierte die Verbandszeitschrift "Lion" beklommen, die der Mitgliedschaft "merkliche Nachdenklichkeit" verursachte. Denn das befragte Volk kommt der Wahrheit ziemlich nahe. Schon die Mitgliederstruktur der bundesdeutschen Rotary-Clubs macht das deutlich. Laut interner Berufsstatistik besitzt oder leitet gut ein Drittel der Mitglieder Industriebetriebe.
Jeder achte Clubfreund (11,9 Prozent) ist Mediziner, jeder elfte (8,9 Prozent) erwarb sich Vermögen und Ansehen in Wissenschaft, Erziehung oder Forschung. Die juristische Zunft stellt noch
stattliche sechs, die Banken bringen es auf immerhin knapp vier Prozent. In den Rest teilen sich Herren von Militär, Verwaltung und Geistlichkeit sowie der für gesellschaftsfähig gehaltene Journalismus von Appel (ZDF) bis Weinstein ("FAZ"). Wenn mal ein Handwerker oder ein Förster, ein Spediteur oder ein Sportler vorkommt, so soll es jeweils der beste und pro Club immer nur einer sein.
Die Konkurrenz um die dienstbereite Hautevolee zwischen den diversen Männerclubs ist ebenso unvermeidlich wie offenkundig. Im Lions-Hauptquartier in Oak Brook im US-Staat Illinois steht neben modernen Computern eine altväterliche Stecktafel. Auf der wird per Hand nicht nur der elektronisch errechnete Mitglieder-Saldo für jede Nation auf den neuesten Stand gebracht, sondern auch die internationale Rangfolge.
An der hat sich seit anderthalb Jahrzehnten kaum etwas geändert: Lions liegt mit einem Plus von jeweils einigen hunderttausend Mitgliedern vor Rotary. Danach - schon weit abgeschlagen - folgen auf dem dritten Platz die 8000 Kiwanis-Clubs (indianisch "nunc Keewanis" für "Ausdruck eigener Persönlichkeit") mit weltweit etwa 300 000 und in der Bundesrepublik nur knapp 1000 Mitgliedern.
Was aber Nimbus, Renommee und Exklusivität anlangt, so gilt Rotary auch nach Eingeständnis der Mitbewerber unstreitig als Erster. "Die sind natürlich immer einen ganzen Zahn vornehmer", beschreibt Rundfunk-Journalist Jürgen Graf vom Lions-Club Berlin-Dahlem das Gefälle von Herr zu Herrchen. Und ein Hamburger Lions-Governor gesteht, etwas säuerlich, die geläufige Antwort auf jene Scherzfrage, was denn eigentlich den Unterschied ausmache zwischen Lions und Rotary: "Rotary nimmt keine Prokuristen auf."
Ihr teilhaftig zu werden bemühen sich neuerdings insbesondere Militärs.
Das Bestreben, über die Herrenclubs jenes Sozialprestige zurückzugewinnen, das ihm über zwei Weltkriege abhanden kam, ist beim Offiziersstand unverkennbar.
- Rund 300 Offiziere, davon fast zwei Drittel aktiv, bevölkern die Rotary-Stammtische:
- mindestens 45 Generäle, 28 Generalmajore, 73 Oberstleutnante, 68 Oberste, 17 Admiräle.
- Angeführt vom Generalinspekteur Wolfgang Altenburg und seinem Vorgänger Jürgen Brandt, ist von der Luftlandetruppe bis zur "aufklärenden" Artillerie, vom "Wehrpsychiater" bis zum Logistiker jeder militärische Bereich vertreten.
- Die zwei Dutzend Klassifikationen, mit denen die Uniformierten dezent das Berufslimit unterlaufen, reichen von "Wehrwesen" über "Generalstab" bis zu "Militärmusik" .
Heinz Wolff, Herausgeber der Monatszeitschrift "Der Rotarier" und Beauftragter _(Oben links: Mit Rotary-Mitteln ) _(restaurierter historischer Kran in ) _(Stade. Oben rechts: Vom Rotary-Club ) _(Frankfurt-Friedensbrücke gestifteter ) _(Brutkasten für das Universitäts-"Zentrum ) _(der Kinderheilkunde". ) _(Unten: Vom Rotary-Club Kiel für den ) _(Naturschutz gestiftetes Gelände. )
der elf deutschen Distrikte für Öffentlichkeitsarbeit, räumt ein, daß "es niemals an der Klassifikation scheitert, wenn jemand allseitig gewünscht wird".
Und so bietet das im Rotarier-Jargon "Bibel" geheißene, über eintausend Seiten starke Mitgliederverzeichnis eine Fülle von offenkundigen Beispielen dafür, wie besonders in Provinzclubs der Kamerad den Kameraden, der Vater den Sohn, der kaufmännische den technischen Direktor, der Anwalt seinen Sozius nachzieht.
Der Spott der Konkurrenz illustriert die fortgeschrittene Aufweichung des Berufsklassen-Prinzips. Für die Lions, die durch solche Vorschriften nicht eingeengt sind und sich sogar eine dezente Mitgliederwerbung gestatten, ulkt ein ehemaliger Präsident: "Wenn im Rotary-Club schon ein Frauenarzt ist und ein zweiter soll rein, wird einfach die Klassifikation geändert, daß sie den einen als Spezialisten für die obere und den anderen für die untere Hälfte ausweist."
Zwei Berufsgruppen sind allerdings auch bei Rotary auf solche Tricks nicht angewiesen: die Theologen und die Journalisten. Ihnen gestatten die normierten Clubverfassungen aktive Mitgliedschaft in theoretisch unbegrenzter Anzahl unter derselben Klassifikation - vielleicht, so philosophiert ein rheinischer Rotary-Veteran, "weil die einen zuständig sind für unseren guten Leumund hier und die anderen für den im Jenseits".
Doch lehrt ein rascher Vergleich, wie es bei den Herrenclubs mit der Repräsentanz politischer Parteien bestellt ist:
Von den 475 männlichen Abgeordneten des neunten Deutschen Bundestages beispielsweise war fast jeder 7. Mitglied bei Rotary (41), Lions (26) oder Kiwanis (3).
Jeder 4. von ihnen war Volksvertreter der Unionsparteien, jeder 6. FDP-Mann, aber nur jeder 55. Sozi..
Peter Würtz, gelernter Maschinenschlosser und Oberstleutnant a. D., war und ist einer der beiden sozialdemokratischen Rotarier im Bonner Parlament. Sein Club im niedersächsischen Syke nahm ihn vor sechs Jahren auf, weil er einem Mitglied einen persönlichen Dienst erwiesen hatte - aber natürlich auch, so Würtz, "weil ich das Image eines rechten Sozialdemokraten habe".
Vor seinem Beitritt habe er allerdings vom Parteivorsitzenden Willy Brandt einen Rat erbeten und auch erhalten. "Der hat gesagt: ''Prima, mach das, das ist ''ne gute internationale Sache.''" Seither bringt Würtz das Clubleben "viel Spaß", und er genießt die Verblüffung seiner örtlichen Parteifreunde, wenn er "immer die besten Informationen von der anderen Seite" hat.
Natürlich weiß Würtz, wie sorgsam die Clubs darauf achten, "daß nur die richtigen Leute drin sind", um besser "ihren Einfluß konsolidieren und koordinieren zu können". Das erklärt auch, warum trotz großer Clubautonomie der Zuwahlmechanismus so sauber greift und bundesweit zu fast identischen Ergänzungen führt. Auf der Kabinettsliste des unionsregierten Baden-Württemberg etwa stehen neben Ministerpräsident und Lions-Mitglied Lothar Späth immerhin drei Rotarier, während die sozialdemokratische Landesregierung von Nordrhein-Westfalen nicht mit einem einzigen Clubmitglied dienen kann.
Bayern, was Wunder, liegt ganz vorn, was die Anzahl patentierter Herren auf Ministersesseln anlangt:
Neben dem bei Lions beurlaubten Landesvater Franz Josef Strauß regieren 4 weitere "Löwen" und ebenso 4 Rotarier - eine Organisationsquote von 90 %, noch schöner als das jüngste CSU-Wahlergebnis. .
In der Übergangs-Bundesregierung stieg der Herren-Anteil gegenüber dem Kabinett Schmidt gleich um 100 Prozent: .
- Zur freidemokratischen Rotarier-Riege Genscher, Lambsdorff, Ertl, die das Tor aufgemacht hatte,
- stießen die Unionspolitiker Werner Dollinger (Lions) und die beiden Rotarier Christian Schwarz-Schilling und Jürgen Warnke.
- FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher freilich ist ein spätberufener Rotarier: Erst Ende 1981 wurde er in den Club Bonn/Süd-Bad Godesberg gebeten und unter der Klassifikation "Rechtspflege: Rechtsanwaltschaft" registriert, obwohl die längst besetzt war.
Daß der Wechsel in Bonn wie die neue Koalition aus Sicht der Herrenclub-Klientel überfällig war, liegt auf der Hand.
Rotarier und Löwen stellen in den Vorständen von CDU, CSU und FDP ein solides Drittel, während sie im SPD-Präsidium überhaupt nicht vertreten sind - weil, bestätigt die Ausnahme Würtz,
"Sozialdemokraten in der Regel nicht gewollt und nicht gefragt werden", ebensowenig wie Gewerkschaftsfunktionäre.
Vertreter anderer "angesehener und achtbarer" Berufe kommen besser an, und an manchen Orten entsteht ein regelrechtes Gedränge.
- Den drei Karlsruher Rotary-Clubs mit zusammen 144 Mitgliedern beispielsweise gehören nicht nur
- die Präsidenten des Bundesgerichtshofs und
- des Bundesverfassungsgerichts an,
- sondern zugleich deren Vorgänger und
- etliche höchste Richter.
- Der Präsident des Bundesarbeitsgerichts ist ebenso Rotarier wie
- der Präsident des Bundessozialgerichts.
- Der Präsident des Bundesfinanzhofes dagegen ist wie der Generalbundesanwalt bei Lions untergekommen.
- Von 26 westdeutschen Regierungspräsidenten steht jeder vierte bei Rotary und jeder fünfte bei Lions auf den Clublisten.
- Und in fast jeder zweiten Großstadt gehört entweder der Oberbürgermeister oder der Oberstadtdirektor zu einem der Honoratiorenclubs.
Solche auch öffentlich einflußreichen Bezugspersonen für das Beziehungsgeflecht, gewissermaßen als Filz mit Nadelstreifen, jedem neuentstehenden Club zu sichern, gehört zu den vornehmsten Aufgaben der Planungspaten und führt mitunter zu Grenzkonflikten.
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